Berichte über Johannes Hartlieb  in wöchentlicher Folge in den Möglinger Nachrichten:

 

05.04.2018:

Wir wollen in den folgenden Ausgaben  den Möglingern den  großen Sohn der Gemeinde  näherbringen, den international berühmten Übersetzer, Arzt und Pharmazeuten und Literaten  Johannes Hartlieb geb. um 1400 in Möglingen   und vor  550 Jahren  hochgeachtet  verstorben  in München am  18.5.1468.

 

Hartlieb gilt als Klassiker der  Pharmazie, der  Medizingeschichte und Germanistik sowie  auch der Astrologie, viele seiner Werke werden bis heute immer wieder neu aufgelegt und  waren schon Gegenstand  unzähliger Doktorarbeiten und  wissenschaftlichen Beiträgen in Enzyklopädien. Möglingen hat allen Grund   stolz zu sein auf diesen Möglinger von hohem literarischen Rang aus dem Spätmittelalter. Sein Lebensweg  ist spannend  verlaufen und bot auch seinen Biographen so manche Überraschung .  Bis vor ca. vierzig Jahren hat man fälschlicherweise und ohne Beweis seine  Herkunft  in Neuburg an der Donau in der Nähe von Ingolstadt vermutet. Nunmehr liegen ausreichend urkundliche Beweise vor, dass Hartlieb aus dem einzigen  Möglingen in der damaligen Konstanzer Diözese stammte und dies ist hier.

 

Hartliebs  Herkunft  in Möglingen

12.04.2018

Wie in dem empfehlenswerten Möglinger Heimatbuch (MH)  S. 67 ff zu lesen ist,  sind die Hertlieps/ Hartliebs   im Urbar von 1350 zur Zeit der  Herrschaft  Graf Eberhard dem Greiner (1344-1392) Hofmaier des Grafen eines 119 Morgen großen Hofes in Megningen/ Möglingen. Die Lage der Äcker  und die zu verrichtende Steuern werden  genau beschrieben, auch wird noch zusätzlich im Urbar ein Jung Hertliep erwähnt dessen Garten an den Burgstall grenzte. Der Hof lag also in Ortsmitte, ungefähr   wo heute die Milchgasse durchführt, möglicherweise direkt gegenüber dem Rathaus ( Friseur Stelzner) .  Eine Gnistin Hardilin aus Hemmingen ( MH S. 61ff)  ist mit ihrer Schenkung  eines Ackers in Möglingen schon im Urbar des Spitals von Esslingen ( 1304-1334) beurkundet , die Hartliebs stammten wohl ursprünglich von dort dürften aber in Möglingen Besitz gehabt haben und einen Hof. Als Vater von Johannes Hartlieb gilt der im württembergischen Dienerbuch verzeichnete Hans Hartlieb, der 1402 Schultheiß in Möglingen war. 

 

 

Hartliebs Umfeld  in der Kindheit in Möglingen

19.04.2018

Leider gibt es für Möglingen keine und auch überhaupt  aus der Zeit wenig Informationen zum Alltag. Möglingen hatte zu jener Zeit eine Bevölkerung  von vielleicht etwas mehr als  200 Einwohnern, außer dem hiesigen  Pfarrer  waren alle Bauern, vielleicht  noch ein paar wenige Handwerker wie Schmied, Sattler, Wagner die jedoch auch noch in der Landwirtschaft tätig waren und ihre Äcker und Vieh hatten. Der Schultheiß war einer der größten Bauern des Dorfes, denn er musste  Räumlichkeiten, die Zeit und  die Mittel ( Speis-und Trank) haben um dieses öffentliche Amt ausfüllen zu können und  offizielle auswärtige Besucher zu empfangen und zu verköstigen. Der kleine Johannes um 1400 geboren wuchs also vergleichsweise  gut versorgt auf, es war ausreichend Essen da  und der Vater angesehen im Dorf und beim Vogt des Grafen. Er wird wohl nicht der älteste Sohn gewesen um in die Erbfolge zu treten, denn ein  Conrat des alten schultheissen Sohn  erscheint in der  Schatzung von  1448 ( Möglingen)  mit einem  Vermögen von 314 Gulden.  Dieser Bruder von  Johannes Hartlieb ist ein Stammvater vieler alter Möglinger.  Auch lesen wir  ( MH S.73/74) dass  1448 noch der alt schultheis  lebt ( Vermögen noch 132 Gulden)  und auch ein Adam ( 61 Gulden)  wohl ein zweiter Bruder. Es ist anzunehmen, dass Hartlieb auf seiner späteren diplomatischen Mission z.B. im Jahre 1447 im Auftrag des Herzogs  Albrecht III. aus  München zu Ludwig IV.  Kurfürst von der Pfalz  nach Heidelberg auf der Wegstrecke die hier durchführte seine Eltern und Geschwister in Möglingen besuchte, doch davon später.

 

Die frühe Kindheit  und Jugend von Johannes Hartlieb in Möglingen

26.04.2018

Johannes Hartlieb wuchs in friedlichen Zeiten auf. Graf Eberhard III genannt der Milde regierte seit 1392 bis 1417 und führte  eine umsichtige Politik der Bündnisse, sein Hauptaugenmerk galt der Grafschaft Mömpelgard ( heute  Ludwigsburgs Partnerstadt Montbéliard in Frankreich) die er durch Heirat erworben hatte. Hans, wie er sicher von seiner Familie genannt wurde, wuchs nachdem er die ersten Kindheitsjahre heil überstanden hatte und nicht  schon verstorben war  in einer glücklichen Umfeld auf wohl behütet  in den ersten Jahren von einem Bauernmädchen als Kindsmagd  . Es gab genügend  gleichaltrige Spielkameraden, viel Platz in Gärten, Scheunen und dem Bach zum Spielen. Es gab auch  Vieh , wie  Kühe, Ziegen  oder  Gänse,  die sicherlich auch von  Kindern  zu hüten waren  während  Frühling, Sommer und Herbst   sowohl  auf  der Allmende  um das Dorf herum oder der Brache  ( Dreifelderwirtschaft) und den abgeernteten Feldern . Eine Schule hatte  Möglingen  nicht, möglicherweise  gab der Pfarrer  sonntagnachmittags kirchlichen Unterricht  ( Kinderkirche) und vielleicht den ersten Anstoß  das Lesen und Schreiben zu lernen was damals vor allem Lateinunterricht bedeutete. Bei dem Sohn des Schultheißen und wohlhabenden Hofmaiers mag dies auch sowieso  naheliegend gewesen sein. Wann Hans Hartlieb begonnen hatte, die schon seit  1354  nachweisbare und  gut erreichbare Lateinschule in Gröningen (1 Stunde Fußweg hin und 1 Stunde zurück)zu besuchen wissen wir nicht, jedenfalls dürfte Auberlin Volland aus dem berühmten Markgröninger Patriziergeschlecht sein Schulmeister gewesen sein, denn der ist 1396 der erste nachweisbare  Schulmeister der Lateinschule gewesen , nach Prof. Hermann Römer

 

Der Weg von Johannes Hartlieb  aus der Lateinschule Gröningen an den Hof von Herzog Ludwig VII dem Bärtigen von Bayern-Ingolstadt   

03.05.2018

Hartlieb muss ein guter und begabter Schüler gewesen sein, den sein Präzeptor und Mentor  Auberlin Volland wohl empfehlen  (Job-Coaching) konnte und wollte. So eine Lateinschule hatte ca.30-40 Schüler bei zwei  Lehrern, im Winter mehr Schüler als im Sommer  ( vor allem wegen Weingärtner- und Bauernjungen) und überwiegend aus dem städtischen Bürgertum . Da keine sogenannte deutsche Schule zu der Zeit in Gröningen  bestand  war die Lateinschule die einzige Schule.  Der Weg in die Universität war sehr selten, in über 130 Jahren bis 1600 waren aus Gröningen nur 77 Schüler in Tübingen immatrikuliert, aus Möglingen  nur 5.  Zu der Zeit von Hartlieb gab es jedoch im heutigen Baden- Württembergs nur eine einzige Universität, Heidelberg und dort ging Hartlieb nicht hin, wohl aus Kostengründen.   Der Neffe seines Schulmeisters Volland , Heinrich Volland hatte Handelsbeziehungen in ganz Süddeutschland ,   1448  war er der reichste Bürger Württembergs ( auch entscheidender Kopf zum Bau des Rathauses) . Im Jahr 1419 starb nach weniger als  2 Jahren Regentschaft Graf Eberhard IV von Württemberg und seine Söhne waren nur sieben und sechs Jahre alt, eine unruhige Zeit der Vormundschaft begann. Gröningen war auch Etappenziel  zwischen Bayern und dem Rheinland und Handelsleute, Herolde und Adlige Herren machten Station in Gröningen.  Herzog Ludwig VII von Bayern-Ingolstadt, der als Bruder der französischen Königin lange am Hof in Frankreich gelebt hatte und mit großem Vermögen zurück in sein Herzogtum zog, suchte Söldner und Schreiber um sein Land zu erweitern und die Verwaltung zu modernisieren. Hier lag die Karrierechance für Hartlieb.

Hartlieb war länger als ein Jahrzehnt am Hofe von Ludwig VII  in Ingolstadt doch nur wenig ist bekannt.

09.05.2018

Wenn Biographen für eine frühe Lebensphase keine Urkunden finden (oder zu wenig suchen! ) behelfen sie sich dabei die Person  zu der fraglichen Zeitperiode als noch „unbedeutend“ zu benennen und belassen es dabei. Erst vor etwas mehr als 10 Jahren ist in der Vatikanischen Bibliothek ein Brief vom 16.März 1436 entdeckt worden von Herzog Albrecht III von Bayern-München (ein weiteres der Teilherzogtümer  der Wittelsbacher in Bayern)  an Papst Eugen IV worin Johannes Hartlieb , Kleriker in Ingolstadt aus der Konstanzer Diözese stammend der Anlass ist. Hier wird aufgeführt, dass Hartlieb an 2 Kriegen  an der Seite Ludwigs VII  teilgenommen hat.  Dies ist der Bayerische Krieg 1420-22 und an den Hussitenkriegen die zwischen 1419-1436 auch in Bayern geführt wurden, hervorgerufen nach der Verbrennung von Johannes Hus 1415 in Konstanz. Die Frage war, ob der Papst neben den bekanntgeworden astrologischen Forschungen von Hartlieb dies als Hinderungsgrund für eine Priesterweihe erachtete (wie sonst üblich und sonnenklar!) , Papst Eugen antwortete , dass dies kein Problem sei. Wir wissen also, dass unser Hartlieb spätestens 1422 in Diensten von Ludwig dem VII , Vorliebe für die Forschung der schwarzen (verbotenen) Künste hatte und 1436 die Seiten zu einem neuen Gönner eben Albrecht III gewechselt hatte. Was wir noch wissen ist, dass er 1430 ein Lehrbuch für Wieland von Freyberg zum Gedächtnistraining  verfasst hatte mit seinem Namen Johannes Hartlieb vermerkt.  Wir wissen auch dass Ludwig VII  um 1431 entschloss, dem Hartlieb ein Studium zu finanzieren und dass Hartlieb 1434 urkundlich bewiesen in Salzburg war um sich (!!!) vom Erzherzog Johann die Gold-und Silberschürfrechte für das Salzkammergut  übertragen zu lassen.  Viel mehr wissen wir bis dato nicht.

 

Hartliebs Studienjahre in Wien und Padua

17.05.2018

Bislang konnte das Rätsel nicht  befriedigend gelöst werden warum Johannes Hartlieb in den in Frage kommenden Jahren  nach 1431 bis 1437 nicht in den Matrikel der Universitäten, vor allem in Wien  zweifelsfrei nachweisbar ist. Eigene Recherchen unter allen Namensvariationen und möglichen Herkunftsorten, Meglingen, Gruoningen/ Gröningen , Stukardia ( Stuttgart) ergaben zwar Treffer für einen oder mehrere Johannes de Stukardia   1431 und 1433, wobei  jedoch der Familienname fehlt. Dieser Johannes de Stukardia   ersuchte,  wie von  einem Schwaben zu erwarten  um einen Dispens/ Erlass vom Kauf eines Talars oder  wenigstens um einen  Nachlass bei den Prüfungsgebühren,  was dann genehmigt wurde. Verständlicherweise reicht dies den Biographen nicht. Vielmehr werden Notizen in einer Wolfenbüttler Handschrift angeführt worin vermerkt ist, dass Hartlieb im Jahr 1435 in Wien das Buch der heiligen drei Könige gelesen habe, welches er für sein Werk Mondwahrsagebuch benötigte. Dieses Mondwahrsagebuch  verfasst im Auftrag von  Ritter Hans Kuchler aus Salzburg soll nach  drei Textzeugen zwischen 1433 und 1435 in Wien bzw. Österreich entstanden sein.  Wie wir  erforscht haben, war Hartlieb 1433 und 1434 wohl überwiegend in Salzburg, nachgewiesen durch die auf seinen Namen ausgestellte Urkunde zum Gold- und Silberbergbau vom 11.4.1434  sowie einer nachgewiesen Ernennung zum Laienrichter im Mordprozess  gegen  Hans Talhoffer.  Aus erhaltenen Briefen von 1436 und 1437 wissen wir, dass Hartlieb  schon längere Zeit nicht seinen Dienst  in seiner Pfarre in Ingolstadt  erfüllte, er muss wohl zu jener Zeit  den größten Teil seines Studiums abgewickelt haben  jedenfalls ist er 1439 in den Annalen der Universität Padua/ Italien ,welche die berühmteste Medizinfakultät  des Spätmittelalters war,  schon als Magister artium verzeichnet .  Die These, dass Hartlieb sein gesamtes Studium in Padua absolviert hat, ist durch nichts bewiesen und scheint allein aus Kostengründen völlig abwegig. Am 14.Mai 1439 legte Johannes Hartlieb de Meglingen aus der Konstanzer Diözese die Promotion zum Grad  eines Doktors der Medizin ab.  

 

Dr. Johannes Hartlieb wird  1440 Leibarzt von Herzog Albrecht III von Bayern-München

24.05.2018

Unser Möglinger Johannes Hartlieb war nicht der einzige Württemberger, der  um 1439 in Padua, welches übrigens damals noch zum Reich gehörte, Medizin studierte. Auch der Schwabe Heinrich Steinhöwel  aus Weil der  Stadt, wie Hartlieb später ein Literat und  der Stadtarzt in Ulm, studierte in Padua  und brachte es sogar zum Rektor der Deutschen Abteilung.  Viel medizinisches Wissen war  in der berühmten Medizinschule in Salerno/ Kalabrien  versammelt. Die Medizin der Antike und  Erkenntnisse arabischer Gelehrten waren hier zugänglich und so lehrten in Padua die besten Professoren ihrer Zeit. Die Absolventen ermöglichten diesen Wissenstransfer nach Deutschland.  Hartlieb war für  die Promotion an einer Eliteuniversität  zeitlebens stolz und führte ein Siegel  Hertliepp Doctor 1439. Sein Gönner seit 1436 und wohl Finanzier Albrecht III  ernannte Dr. Johannes  Hartlieb zu seinem Leibarzt. In dieser Stellung blieb er bis zum Tode von  Herzog Albrecht im Jahr 1460 und auch noch für dessen Sohn Herzog  Sigmund. Seine  Wertschätzung als Arzt muss außerordentlich gewesen sein, denn schon 1442 schenkte Albrecht dem Hartlieb ein Anwesen in der Judengasse. In den Urkunden wird Hartlieb als „Lerer der Erzney  und  „hochverehrter Ratmaister  genannt und Hartlieb, der ein  bis heute vielbeachtetes Kräuterbuch verfasste  und  die erste bekannte Apotheke in München betrieb, wurde als medizinische Koryphäe anerkannt  und auch von anderen Fürsten und Herren  in Anspruch genommen Zu seinen Patienten zählten  lt. F. Speta 1980,  nicht weniger als 63  hochgestellte Persönlichkeiten.  Dr. Johannes Hartlieb war der  berühmteste  Arzt  in München zu seiner Zeit.  Zudem  schätzte man Hartlieb auch als Literaten wodurch er heute noch bekannt ist von angehenden Wissenschaftlern . Er hat vielen damit Stoff zur  Doktorarbeit  und zur Promotion verholfen.

 

 

Mögliche Gründe warum Johannes Hartlieb  noch immer als Literat  von Bedeutung ist.

30.05.2018

Bevor man die Werke vorstellt, sollte man die Grundfrage stellen: was bringt uns Hartlieb noch heute. Es ist jedoch noch nicht der Platz detailliert die einzelnen Werke zu beschreiben. Auch auf die Gefahr hin von den Literaturwissenschaftlern  gesteinigt oder wie in der Epoche mehr üblich auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, wollen wir den Schritt wagen. Dieses  Schicksal war Hartlieb vielleicht nur erspart geblieben weil er klugerweise christliche  aufklärende Warnungen in seinen Werke aufführte, denn nur wer die Verstrickungen des Teufels kennt, kann sich vor ihnen schützen.  Die Schriften waren zu Ihrer Zeit begehrt, weil sie zu den ersten Büchern zählen, die ins Deutsche übersetzt wurden. Zuvor waren sie als lateinisches Schriftgut und wissenschaftlich benutzt den meisten frühen Lesekundigen verschlossen. Hartlieb übersetze ins Deutsche und brachte anschaulich die Thematiken in die Zeit und machte sie den Lesern inhaltlich zugänglich.

Der Bestseller heutzutage ist zweifelsohne  Das Buch aller  verbotenen Künste“  aus dem Jahr 1456, es ist zur Zeit  jedoch nicht im Buchhandel erhältlich und wird deshalb nur  antiquarisch zu Höchstpreisen gehandelt. Es gilt als die wichtigste spätmittelalterliche Quelle über die Reste des Heidentums in Form ritueller Praktiken. Markgraf  Johann von Brandenburg-Kulmbach hatte dies Werk in Auftrag gegeben.

Ähnlich populär aber leider  derzeit nur  als wissenschaftliche, wenn auch umfassende Abhandlung oder antiquarisch ist  das Kräuterbuch von Johannes Hartlieb  anzusehen. Hartlieb stellt 170 Kräuter  in ihrer Herkunft und medizinischen Nutzung mit dazu gehörigem Bild vor, was bis dahin neu war. Heute vermittelt uns das Kräuterbuch, welches Wissen schon im 15.Jahrhundert bekannt war und welche Ratschläge vielleicht noch heute gültig sind und  mit dem Arzt oder Apotheker  des Vertrauens zu besprechen sind.  Der lange Zeitraum zwischen dem Spätmittelalter und der  heutigen Zeit zeigt uns was „nachhaltig“ an Wissen Bestand hat und worüber wir nachdenken sollten.

Der absolute Renner von Johannes Hartlieb zu seiner Zeit und heute nicht weniger aktuell ist das Alexanderbuch, ein Fürstenspiegel und wohl der erste Bestseller  in der deutschen Sprache  zu Beginn des Buchdrucks neben der Gutenbergbibel. Hartlieb schreibt hier über Alexander den Großen und empfiehlt den Fürsten, den "Alexander" aus 3 Gründen zu lesen: 1. um das Gute nachzuahmen, 2. das Schlechte zu vermeiden und 3. den Wunsch des Lesenden zu wecken, das Lob der Welt zu gewinnen. Hartlieb schrieb (ließ schreiben) das Werk um 1444, danach wurde es noch 4 x mit allen Bildern abgeschrieben und schließlich um 1470 gedruckt.

 

07.06.2018:

Ein Intermezzo  von Johannes Hartlieb in Wien für die Liebe.

Gleich vorweg, wir wissen nichts über die Techtelmechtel  des Möglinger Studenten Johannes Hartlieb (um 1400-1468) während seiner  Studienzeit in Wien und Padua und wollen auch keinen Diskurs über „gemaine weiber“ oder „ frie frowen“  beginnen. In Dokumenten ist belegt, dass  Hartlieb  nach seiner Promotion zum Doktor der Medizin im Mai 1439 sich anschließend nach Wien begab. Dies war damals eine  Reise von zwei Wochen. Erst im Herbst  1440, also nach anderthalb Jahren, trat er seine Stelle in München bei Herzog  Albrecht dem III. von Bayern-München  als Leibarzt an. Wien und München waren zu der Zeit passable Städte mit etwas mehr als 10.000 Einwohnern (einwohnermäßig also  wie heute Möglingen) und hatten jeweils einen unserem   Johannes Hartlieb wohl gesonnenen Herzog als Monarchen. Johannes Hartlieb war schon während einer  Reise mit Herzog Ludwig VII von Bayern-Ingolstadt  nach Wien dem Wiener Hof der Habsburger  vorgestellt worden  und Hartlieb konnte einen sehr guten Draht zum Habsburger Hof  auch zum späteren Kaiser Friedrich III. aufbauen. Hartlieb dürfte nach der  Studienzeit in Padua  (teurer Lebensunterhalt und kostspieliger  Prüfungsaufwand) finanziell recht klamm gewesen sein und deshalb  gerne den  Auftrag  von Erzherzog Albrecht VI. von Österreich, einem recht jungen Mann von 22 Jahren , nachgekommen sein, das Buch De Amore zu übersetzen. Dieses Buch von Andreas Capellanus: Über die Liebe. = De amore wird als ein Lehrbuch des Mittelalters über Sexualität, Erotik und die Beziehungen der Geschlechter angesehen.  Hartlieb erachtete (fälschlicherweise) den Text als vom römischen Dichter Ovid stammend und hatte auch einige Bedenken alle Teile des Traktates zu übersetzen, weil  er Angriffe von Frauen des Wiener Hofes aufgrund einiger Passagen befürchtete.

Diesem Regelbuch der höfischen Liebe ist ein Comeback zu wünschen, weil es aufzeigt, dass Geschlechterbeziehungen vor allem in der Phase des Anbändelns guter  Manieren und auf die Zielperson angepasste Taktik bedürfen. Natürlich ist es zum Schmunzeln, wenn der Fall beschrieben wird, was zu tun ratsam ist, wenn ein  einfacher Bürgersmann  sich um das Herz einer Königin bewirbt. Manch anderes ist jedoch realistischer und durchaus  von Belang, weil es zeigt, dass der Rat eines klugen Kopfes (Hartlieb) auch noch nach mehr als fünf Jahrhunderten noch zum Nachdenken anregen kann.

Vielleicht gestaltet mal ein  Deutschlehrer der Oberstufe eine Schulstunde mit dem Thema und dem Text von Hartlieb,  es dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit eine lebhafte Debatte unter den Jugendlichen hervorrufen.  Der Geschichtslehrer kann dann ebenfalls das Thema aufgreifen, ob und wie der Auftraggeber von dem Werk profitierte, denn dieser Albrecht VI. hat dann 12 Jahre später mit 34  eine Witwe mit 5 Kindern geheiratet - nämlich Mechthild von der Pfalz - deren an einer Seuche erlegene Ehegatte Graf Ludwig von Württemberg-Urach war. Einer ihrer Söhne wurde dann 1495 als Herzog Eberhard I., der erste Herzog von Württemberg.

 

14.06.2018

Der  Aufstieg von Johannes Hartlieb zu einem der reichsten und angesehensten Bürger Münchens 

Als unser Johannes Hartlieb im Herbst 1440 in München  im Alter von um die 40 seinen erste dauerhafte Stelle annahm,  muss er sich geschworen haben nun mit der Karriere und dem Vermögensaufbau zügig anzufangen. Schon zwei Jahre später hat er sich unentbehrlich gemacht am Hofe  des Herzogs, der ihm ein Haus  in der Judengasse  schenkt, die  ehemalige Judenschule.  Es gibt keinerlei  Beweis für einen Zusammenhang Hartliebs mit der Judenvertreibung  aus München.   

1444 heiratet  Hartlieb die  Sybilla Neufarer, eine junge Witwe, die einen Sohn Lienhart  hat  und  wohl eine illegitime Tochter des Herzogs war, ob  jedoch aus einer Verbindung mit der in der Literatur bis heute berühmten Baderstochter Agnes Bernauer, welche  1435 in Straubing in der Donau ertränkt wurde , ist  zweifelhaft, denn Herzog Albrecht soll  die Bernauerin erst 1428 kennengelernt haben. In der Stadtchronik von München  ( H. Stahleder, 1995) erscheint Dr. Johannes Hartlieb   zwischen 1442 und 1456 mit insgesamt 7 Einträgen, was recht ungewöhnlich ist, und die Bedeutung von Hartlieb  unterstreicht. Hartlieb stiftet  in der ehemaligen Judenschule den Bau einer Kapelle, die sogenannte Gruftkapelle „ Zu der newen Stifft und Unser Lieben Frawen Kapellen“, welche bis 1803 bestand und vom Kloster Andechs betreut wurde. Hierzu  wurden von hohen kirchlichen Würdenträgern Ablassbriefe erteilt für alle, die zur  Finanzierung des Baus beitrugen. 1447 ist Hartlieb stark eingebunden in den Bau der Gruftkapelle, er erlangt mehrere Ablassbriefe zur Finanzierung des Baus.

1448 vermerkt die Stadtchronik, dass Hartlieb ein bedeutsames Werk der Medizingeschichte verfasst hat , die Chiromantie – Das Buch von der Hand.

Seine Söhne  Gothart und  Acharius und die Tochter Dorothea werden zwischen 1446 und 1448 geboren.  Johannes Hartlieb ist nicht nur der Leibarzt des Herzogs Albrecht des III. und nach dessen Tod 1460 auch dessen Sohn und Nachfolgers Herzog Sigmund , er ist auch Gesandter in diplomatischer Mission  u.a. nach Heidelberg und  Ferrara (Italien), er ist der Berater des Herzogs in Klosterreformfragen und der Ruf Hartliebs als berühmten Arzt verhilft ihm zu vermögenden und  einflussreichen Patienten aus Adel und Patriziat.  

Am 27 Juli  1455 vermeldet die Münchner Stadtchronik die Rückkehr von Meister Hartlieb , berühmter Arzt, Gelehrter und Schriftsteller von einer Auslandsreise aus  Böhmen , Hartlieb erhält ein Weingeschenk von der Stadt für welches in der Stadtkasse 3 Schillinge und 6 Pfennige verrechnet wurden. Schon 1444 verkauft Hartlieb (wohl  aus der  Mitgift von Sybilla) zwei Häuser in der Schrammengasse  und kauft im gleichen Jahr zwei Häuser  am Rindermarkt, wo in seinem Haus Rosengasse 6 von 1458 bis 1474, also noch 6 Jahre nach seinem Tod  die Stadtapotheke betrieben wird.  Interessanterweise gibt es im Älteren Häuserbuch der Stadt München einen Hinweis, dass die Herzogsöhne  von Albrecht dem  III. (und seine  Nachfolger als Herzöge)   Albrecht und Siegmund,  Mieter  in einem von Hartliebs Häuser waren, für 80 rheinische Gulden Hauszins im Jahr, nach heutiger Kaufkraft ca. 30.000 Euro.    

 

21.06.2018

Die Kinder  und Enkel von  Johannes Hartlieb 

Erstaunlicherweise erscheint Ehefrau Sybilla nur zur Zeit der Heirat 1444 in den Dokumenten.  Hartliebs ältester  Sohn Eucharius/ Acharius , geb. nach 1446 wird noch zu Lebzeiten Hartliebs Mönch im Franziskanerkloster St. Valentin in Ruffach im Elsass, südlich von Colmar.  Es brachte es später  noch bis zum  Abt.   Berühmt war das Kloster vor allem aufgrund seiner Schule, aus der um 1500 mehrere gelehrte Humanisten hervorgingen, darunter auch ein Rektor der Universität Heidelberg, der Historiker Matern Berler, der Straßburger Weihbischof Johannes Siegrist und der Kosmograf Sebastian Münster.

Das Leben seines jüngeren Bruders Gothart Hartlieb ist ebenfalls ungewöhnlich denn Gothart war einer der  geächteten Räte des Erzherzogs Sigmund von Österreich / Tirol gegen die der Kaiser Sigismund  1487 die Reichsacht aussprach, was sicher noch schlimmer war als heute von Interpol gesucht zu werden.  Was hatte dieser Sohn Hartliebs  so Schlimmes ausgefressen? Johannes Hartlieb hatte gute Beziehungen zum Hof aufgebaut  er belieferte sogar den Hof in Innsbruck aus seiner Apotheke -  nein nicht mit Arznei oder Kräutern, sondern mit Konfekt! Eine Apotheke im Mittelalter war auch so etwas wie eine Bonbonfabrik.   Jedenfalls dürfte Sohn Gothart über diese Beziehung eine Stellung am Innsbrucker Hof bekommen haben, wo er verstärkt mit finanziell aufwendigem Burgenausbau beschäftigt war.  Gothart war einer der Räte die der bayerische Herzog Albrecht IV.  in Innsbruck hatte um den Einfluss der Wittelsbacher zu erhöhen. Der Kaiser  Friedrich III. auch ein Habsburger wie der  Erzherzog wollte, dass dieser schon zu Lebzeiten seine Länder an ihn und seinen Sohn Maximilian abtreten sollte. Als Sigmund ablehnte machte der Kaiser den „ bösen Räten“ den Prozess wegen Hochverrat ( 8.1.1488) schon ein Jahr später versöhnte sich Kaiser und Erzherzog welches auch die Räte mit einbegriff. Gothart kehrte nach Bayern zurück und erhielt das stressfreie Amt eines bayerischen Pflegers und Landrichters in Bad Tölz. Über Nachkommen von Gothart Hartlieb gibt es keine Information , die Vermutung Fürbeths , dass der 1479 in Tübingen immatrikulierte Johannes Hartlieb de Stamhaim der Sohn Gotharts sei ist völlig abwegig , denn zu jener  Zeit wäre er als Vater kaum über 30 Jahre alt gewesen.

Hartliebs einzige Tochter Dorothea heiratete den Patrizier Wilhalm Tichtl, jeder für den anderen eine gute Partie. Wilhalm  = alte Schreibweise von Wilhelm. Sie haben mindestens  fünf Kinder:  Augustin, dann Hans, der Kaplan von St.Peter wurde; und  Franz , er wurde Kaplan in der Frauenkirche in München;  und Tochter Anna die später einen Hieronymus Perwang heiratet.  Dem  Sohn Bernhard Tichtl wird  1524 als glühendem Lutheraner  nach Denunziation (unvorsichtiges Gespräch in Gasthaus in Pfaffenhoffen bei  Rückkehr von Geschäftsreise in Nürnberg) der Prozess gemacht und ihm werden  als Strafe  Stirn und Wangen gebrandmarkt .  Mutter Dorothea war 1493 also 47 jährig verwitwet und heiratete  in zweiter Ehe den Zinngießer Wilhelm Steger , das Vermögen (oder ein Teil davon) jedoch blieb bei den Tichtls, es   wurde laut erhaltener Urkunde  1521 der Tichtl Stiftung vererbt.

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Johannes  Hartlieb:

10.01.2019:

Der Möglinger Johannes Hartlieb lebte von ca. 1400 bis 1468, also im sogenannten Spätmittelalter, dies war eine klassische Übergangsepoche. Die Städte blühten auf, die Höfe verloren an Bedeutung und an den neu gegründeten Universitäten versammelte sich die intellektuelle Elite Europas. Generell nahm die Schriftlichkeit im Spätmittelalter enorm zu. Die geistlichen Texte wurden in der Zeit des ausgehenden Mittelalters um Gebete, Legenden und mystische Schriften bereichert. In der Literatur der Städte ging es um die Themen Religion und politische Wandlungsprozesse.  Diese Themen konnten durch die damals Herrschenden nicht eigenverantwortlich bearbeitet werden. Sie hatten keine Zeit und Lust jahrelang zu studieren und so hatten kluge, intelligente Menschen, die man heute auch als „clever“ bezeichnen würde, die Möglichkeit, in Bereiche aufzusteigen, die zuvor nur dem Klerus und dem Adel vorbehalten waren. Lateinkenntnisse waren die absolute Voraussetzung zum Aufstieg in diese Kreise. Johannes Hartlieb hatte als Sohn des Möglinger Schultheißen die Gelegenheit, die Markgröninger Lateinschule zu besuchen und die lateinische Sprache und Schrift zu erlernen. Offenbar war er ein sehr guter Schüler!

17.01.2019:

Als guter „Lateiner und Schriftkundiger“ muss er schon als junger Kerl mit Offizieren des späteren Münchner Herzogs Albrecht III  (1401-1460) Kontakt gehabt haben. Es ist sicher, dass er in den 1420er Jahren bei mehreren Kriegszügen dabei war. Es ist aber davon auszugehen, dass er „beim Stab“, möglicherweise als Schreiber und nicht als Kämpfer teilgenommen hat. Vermutlich hat er dabei auch den etwa gleichaltrigen Albrecht kennengelernt. Dieser wurde sein Förderer und hat ihm höchstwahrscheinlich seine weitere Ausbildung ermöglicht und ihn in seiner Umgebung aufgenommen. Es war in der Zeit sicherlich eine große Ausnahme, dass Hartlieb als „schwäbischer Ausländer“, von niederer Herkunft und wahrscheinlich geringem finanziellem Hintergrund an einen Herrscherhof kommen konnte. Es war schließlich noch Spätmittelalter, es gab noch Ritter mit Schwert und Rüstung auf Burgen. Herzog Albrecht bekämpfte noch 1445 in seinem Land einige Raubritter.  Wer keinen Adelstitel hatte, war Mensch 2. oder 3. Klasse und meist rechtlos. In dieser Umgebung konnte  sich Hartlieb als einfacher „schwäbischer Baurabua“ offenbar durchsetzen. 1430 war er Lehrer der herzoglichen Nachkommen in Neuburg an der Donau. 1436 hätte er Priester von St. Moritz in Ingolstadt werden können, was sicher eine angesehene Stellung gewesen wäre. Papst Eugen IV  in Rom war sogar damit einverstanden. Er musste gefragt werden, weil Hartlieb an verschiedenen Kriegszügen dabei war. Hartlieb wollte dann offenbar doch nicht Priester werden, sondern studieren.

24.01.2019:

1430 lebte Johannes Hartlieb im bayerischen herzoglichen Schloss in   Neuburg an der Donau als Lehrer des (illegitimen) Sohns Ludwig VII, er verfasst sein Erstlingswerk  „Kunst der Gedächtnüsz“. 1432 vertritt  er seinen Herzog bei einer Femesache in Nürnberg. Er hatte also schon das Vertrauen seines Herrn. Hartlieb war  1433 und 1434 wohl überwiegend in Salzburg, nachgewiesen durch die auf seinen Namen ausgestellte Urkunde zum Gold- und Silberbergbau vom 11.4.1434  sowie einer  dokumentierten  Ernennung zum Laienrichter im Mordprozess  gegen  Hans Talhoffer. Er nutzte seine Stellung am Münchner Hof also auch dazu aus, Geschäfte zu machen. Das war zu dieser Zeit absolut üblich, schließlich musste er sein eigenes Einkommen sichern und ggfls. die Abhängigkeit von einem Landesherrn abschwächen.

Für die Jahre 1435 und 1436 sind noch keine gesicherten Belege gefunden worden, man vermutet dass Hartlieb zu der Zeit in Wien studiert hat.

Gesichert ist, das er am 11. Mai 1439 an der Universität Padua zum Doktor der Medizin promovierte. Seitdem nannte er sich regelmäßig „Dr. Johannes Hartliepp de Meglingen“. Er bekannte sich also ganz offiziell und deutlich als Möglinger.

31.01.2019:

Nachdem Johannes Hartlieb 1439 seinen Doktor in Medizin an der Universität Padua „in der Tasche“ hatte, wurde er sofort von  seinem Münchner Herzog Albrecht III als Leibarzt angestellt. In der Folge behandelte er nicht nur ihn, sondern auch viele andere große und kleine Herrscher seiner Zeit. Es hatte sich offenbar herumgesprochen, dass er ein guter Arzt war. Er war anscheinend  nicht nur ein guter Arzt, sondern auch sonst ein cleverer Mensch. Er wurde schnell ein wichtiger Berater seines Fürsten auch in politischen und in religiösen Angelegenheiten und wurde auf verschiedene Missionen geschickt. „Nebenbei“ hatte er immer wieder Zeit, alte Schriften aus der Antike, die möglicherweise von Konstantinopel über Italien nach München gekommen waren,  aus dem Latein ins Deutsche zu übersetzen und zu interpretieren. Dies scheint neben der Medizin seine zweite Leidenschaft gewesen zu sein.

14.02.2019:

Johannes Hartlieb erhielt 1442 von seinem Herzog Albrecht III von Bayern-München für seine Verdienste ein Haus in der Münchner Judengasse, in dem er 1444 in einer Gruft eine Kapelle einrichtete. Die Kapelle erfreute sich bald großer Beliebtheit und wurde eine Wallfahrtskapelle. Die Straße wurde nach ihr Gruftgasse genannt. Die Gebäude sind 1944 durch Bomben zerstört worden, heute wird die Örtlichkeit Marienhof genannt. Derzeit wird hier eine Münchner U-Bahn gebaut. Deshalb wurde das Gelände vor den Bauarbeiten archäologisch untersucht. Die Befunde sind aber noch nicht vollständig ausgewertet.

Johannes Hartlieb  erwarb  1450 zwei Häuser am Rindermarkt  (Rosenstr.6 A/B  und Rindermarkt  13 . Seit 1462 war hier eine von Hartlieb betriebene Apotheke, das Schild der Rosenapotheke im Schaufenster des Gebäudes: seit  1728  ist nachweislich inkorrekt (vgl Helmuth Stahleder : Älteres Häuserbuch Bd 1   S.333).  Hartlieb vermietete Wohnungen in diesem Haus  an die Herzogssöhne Wolfgang und Albrecht IV für 80 Rheinische Gulden  jährlich.

Die Stadt München hat nach ihm im Jahr 1900 eine Straße benannt,. Die Hartliebstraße liegt  zwischen Dom-Pedro- und Merianstraße unweit des  Leonrodplatzes (Dachauerstr.) in München / Neuhausen-Nymphenburg.

13.06.2019

Augsburger Literaturprofessor würdigt hohen Stellenwert von Johannes Hartlieb als Schriftsteller

In der im Mai 2019 im Pustet Verlag erschienenen Literaturgeschichte Münchens vermittelt Prof. Wolf dem Leser anschaulich, welche zentrale Rolle dem in Möglingen geborenen Johannes Hartlieb für die Literatur des Spätmittelalters zukommt. Er nennt Hartlieb den intellektuellsten Münchner Autor des 15. Jahrhunderts. Wolf ist ein profunder Kenner des deutschen Schrifttums der Wiener Schule des Spätmittelalters zu der auch Hartlieb gezählt wird, Wolf hatte sich 2006 zu dem Thema habilitiert. Prof. Klaus Wolf gelingt es das literarische Lebenswerk Hartliebs und deren Quellen anschaulich herzuleiten und mit Originalzitaten aus dem jeweiligen Werk bildlich darzustellen, welche erzieherische Bedeutung den vielseitigen Werken für ihre Adressaten, mehrere Herzöge und städtische Patrizier zukommen konnte. Dass z.B. der Alexander, Hartliebs Hauptwerk nicht nur als Fürstenlehre verstanden wurde, sondern dass die religiösen Implikationen des Werkes von Zeitgenossen sofort begriffen wurden, erweist das auffällig starke klösterliche Interesse an seinem Text. Dies erklärt auch warum die religiösen und nicht- religiösen Werke Hartliebs auch in der päpstlichen Bibliothek gut vertreten waren und sind. Hartlieb war der fachlich vielseitigste Autor seiner Zeit und bleibt auch 550 Jahre nach seinem Tod mit seinem Werk und Lebensweg ein Ziel akademischer Forschung.

01.08.2019

Der seit über 570 Jahren berühmteste Möglinger ist Johannes Hartlieb. Er lebte im 15. Jahrhundert in München und war ein wichtiger Berater des baierischen Herzogs, sein Leibarzt und Übersetzer, Verfasser vieler Bücher von Themen, die heute noch wichtig sind. Er wurde um 1400 in Möglingen geboren. Auf unserer  Homepage haben wir viele Daten zu ihm und seinen Werken zusammengetragen. Deshalb haben wir vom Heimatverein es uns zur Aufgabe gemacht, sein Andenken in Möglingen aufrechtzuerhalten. Alle Möglinger sind aufgerufen, uns mit Vorschlägen zu diesem Thema zu unterstützen.

12.08.2020

Rätsel gelöst  - die NN Hartlieb  hieß  mit Vornamen Barbara

 Das Heimatbuch Möglingen bezeichnet die Familie Imlin als eine der interessantesten Möglinger Familien des 16.Jahrhunderts und widmet ihr einen umfangreichen Beitrag ( S.124-126. 1515 wurde der Möglinger Widdumhof ( Spitalhof) an Wolf Emlin aus Oßweil verliehen. Er hatte die Tochter des Möglinger Bauern Hans Hartlieb geheiratet. Unbekannt war bislang ihr Vorname. Nomen nescio bedeutet ich weiß den Namen nicht und wird in Dokumenten als Kürzel N. N. verwendet. Dies ist nicht ungewöhnlich für die Namen von Ehefrauen aus der Zeit, jedoch fehlt häufiger der Familienname als der Vorname. Im  Hauptstaatsarchiv Stuttgart existiert ein Geburtsbrief  vom 16.Mai 1573 für Hans Imlin, Sohn des Wolf Imlin und seiner Ehefrau Barbara Hartliebin ( H 52a U92) Diese umfangreiche Urkunde aus Pergament  ausgestellt vom Schultheiß und Gericht zu Möglingen,  Amt Gröningen gelangte als eine der Archivalen des Germanischen Nationalmuseum 1341-1834 in Nürnberg  im Jahr 1862 als ein Geschenk der Kgl. Museen in Berlin nach Stuttgart. Wie der Geburtsbrief,  der vor der Zeit der Pässe  vor allem ein persönliches Reisedokument war und die Rechtschaffenheit und Abstammung als Freier Bürger (nicht Leibeigener) attestierte in die Archive kam, ist nicht bekannt.  Hans Imlin, der 1573  schon  59 oder 63 Jahre alt war   und 1586 starb  wollte wohl zu einem seiner sehr weit entfernt lebenden Kindern reisen.  Er war 1549 der Widdummaier, 1554 wird er als Ratsmitglied und 1566 als Gerichtsmitglied genannt. Der Brief nennt dabei seine verstorbenen Eltern.  Barbara Hartlieb, die aus der seit 1350 urkundlich nachweisbaren Möglinger Schultheißen und Hofmaierfamilie Hartlieb stammte,  wurde um 1485 geboren, sie war eine Großnichte des berühmtesten Möglingers, dem  in der Wissenschaft wohlbekannten  Literaten und Leibarztes Johannes Hartlieb (um 1400 Möglingen – 14. Mai 1468 München) , sie ist auch die Stammmutter  vieler unserer Leser mit Möglinger Familiengeschichte.  Dass wir als Heimatverein ihr  ihren Vornamen „wiedergeben“ konnten ist uns eine Genugtuung. 

Rolf Reichert