Der Dorffriedhof  

Der alte Kirchhof als Begräbnisstätte schloß sich gegen Süden unmittelbar an die Kirche an, zu der von dort aus ein jetzt verschlossener Toreingang führte. Anläßlich der kirchlichen Bauarbeiten im Jahre 1773 wurde er erweitert und mit einer neuen Umfassungsmauer versehen, wozu 120 Steinfuhren benötigt wurden. Wegen Engräumigkeit mußte im Jahre 1830 ein neuer Begräbnisplatz in der Nähe (gegenüber der Zehntscheuer) angelegt werden, der seitdem in Gebrauch ist. Der alte Kirchhof dient heute als Obst- und Grasgarten, dessen Nutznießung der Pfarrer hat. Nur noch zwei an der äußeren südlichen Kirchenwand angebrachte alte Grabsteine erinnern noch an seine alte Bestimmung. Der eine, kleinere, trägt die Inschrift: "In Christo sind gottselig entschlafen der ehrwürdige und wohlgelehrte Herr Georgius Lechner von Rosenheim in Bayern, Pfarrer allhier 44 Jahre lang (1566-1609) seines Alters 93 Jahre, gestorben den 21. Juni 1613," und Ursula, seine Hausfrau, 90 Jahre alt, gestorben 20. August 1625. Ferner M. Joseph Lechner, deren Sohn, Pfarrer allhier 17 Jahre lang (1609 bis 1626) seines Alters 48 Jahre, gestorben (das Todesdatum ist aus- gelassen, aber bekannt: gestorben an der Pest am  24. Sept. 1626), und Katharina, seine Hausfrau, ihres Alters. .. (weiteres ausgelassen, gestorben vermutlich im selben Pest Jahr 1626) - Gott sei ihnen gnädig. Amen!" - Vermutlich wurde dieses Grabmal noch bei Lebzeiten der Witwe aufgerichtet.

Die andere 2 m hohe Grabplatte im Rokokostil, die oben mit einem beflügelten Engelskopf geschmückt ist, betrifft den heute noch unvergessenen Schultheiß Johannes Wintterlin, den Stammvater eines angesehenen württ. Geschlechts. Die sehr ausführliche Grabinschrift lautet:

"Pilgrim! Unter dem Staube, auf dem du stehst, ruhen die Gebeine eines um seine Familie und um die hiesige Gemeinde wohlverdienten Mannes, weiland Herrn Johannes Wintterlins, 20jährigen reis. Schultheißen und des löbl. Hospitals zu Stuttgart Unterpflegers. Sein Vater war weil. Herr Johann Jakob Wintterlin, des Gerichts u. Hosp. Stuttg. Unterpfleger, die Mutter Maria eine geborene Schauppin. Er ward geboren den 27. Aug. 1714, verheiratete sich das erste Mal mit Maria Barbara geb. Joppin von Pflugfelden, das zweite Mal mit Maria Barbara geb. Kraemerin von Schwieberdingen, zeugete mit beiden 8 Söhne und 15 Töchter und erlebte 9 Enkel. Durch Klugheit und sanftmütigen Ernst in seinem Amt, Ehrbarkeit im Wandel, Fleiß, in Abwartung seines Berufs und Wohltätigkeit gegen den Nächsten erwarb er sich das Vertrauen seiner Freunde, die Liebe der Armen und den Segen von oben. Nach einem kurzen, aber beschwerlichen Krankenlager starb er den 20. Dezember 1770 im 57. Jahr seines Lebens und die Tränen der Gemeinde bei seinem Grabe zeugeten genug, wie lieb sie ihn gehabt. Nun vermodert zwar sein Leichnam in der Erden, aber sein Gedächtnis bleibt bei den Nachkommen im Segen und Kindeskinder werden seine Werke noch preisen. - So währt ehrlich am längsten, christlich allein währt ewig. Pilgrim! Darnach richte Dich!"

 Die Witwe dieses Schultheißen Wintterlin, Anna Maria geb. Kraemer, stiftete im Jahr darauf 1771 eine heute noch in Gebrauch stehende si1berne Hostienkapsel in die Kirche mit der Bitte, es möchte ihr und ihren weiblichen Nachkommen bis zum Erlöschen ihres Stammes der Kirchenstuhl (bzw. Bank) neben der Kanzeltreppe, den sie bisher schon mit den Ihrigen eingenommen habe, erblich überlassen werden. Dieser Bitte wurde vom Pfarrkonvent durch Errichtung eines abgesonderten Gitterstuhls entsprochen und so kam später der Familienstuhl durch Heirat auf die Sippe Hirsch. Dieses Stuhlrecht ("Gitterstühle") wurde erst bei der Innenerneuerung der Kirche 1941 aufgehoben.

(geschrieben 1948)