Dienstboten im 19. Jahrh. in Möglingen:

 

Handwerker und Bauern waren schon immer auf zusätzliche Hilfskräfte angewiesen, um  Einzelprojekte oder saisonale Arbeiten schnell abzuwickeln. Das war im 19. Jahrh. nicht anders als heute. Handwerker brauchten temporäre Unterstützung, Bauern brauchten in der Erntezeit oder in der Heuet Unterstützung, weil das reife Getreide bei gutem Wetter schnell geerntet werden musste. Maschinen standen noch nicht zur Verfügung, es zählte allein die menschliche Arbeitskraft. Deshalb zog offenbar eine große Anzahl von Menschen durchs Land, die hier Arbeit und Verdienstmöglichkeiten fand.

 

Im Archiv Möglingen ist ein Buch erhalten, in dem für die Zeit von 1834 bis 1882 fast 2000 Eintragungen über diese Personen enthalten sind. Die (kleine) Gemeindeverwaltung wollte einfach wissen wer sich berechtigt im Ort aufhielt.  Erfasst wurden in mehr oder weniger lesbaren Schrift der Name, Vorname, Herkunftsort, Zeitraum der Beschäftigung, Arbeitgeber und Art des Ausweises.

 

Die meisten Helfer kamen aus einem Umkreis von ca. 30 km, andere aus ganz Württemberg oder sogar aus dem „Ausland“. Die Beschäftigungsdauer variierte sehr stark: von wenigen Tagen bis zu mehreren Jahren war alles vertreten, die meisten blieben 2 bis 4 Monate, die Frauen blieben als Mägde meist mehrere Monate, weil sie ja als tägliche Hilfen im Haushalt und oft im Stall gebraucht wurden. Einige Knechte kamen jedes Jahr z. B. zur Ernte für einige Wochen zum gleichen Bauern. Häufig Wechseltage waren Lichtmess am 2. Februar und der 11. November (Martini).

 

Die großen Gutsbesitzer wie Hirsch und Pfuderer beschäftigten neben den örtlichen Mitarbeitern ständig eine wechselnde Anzahl von auswärtigen Knechten und Mägden, nur so konnten sie ihren Betrieb führen. Auch der Pfarrer und der Schulmeister hatten meist eine Magd. Die kleinen Handwerker wie Schuhmacher, Wagner oder Weber nahmen immer wieder Wandergesellen auf. Zimmerleute und Maurer brauchten Helfer, um Häuser zu bauen oder reparieren, alles war Handarbeit.

Die fremden Dienstboten erhielten Kost und Logis und eine vermutlich geringe Bezahlung, dafür mussten sie oft die schwereren und unangenehmeren Arbeiten machen als die örtlichen Tagelöhner. Manchmal kamen Ehepaare zusammen in den Ort, es gibt auch Einzelfälle, wo eine Magd einen Möglinger heiratet oder ein Handwerker am Ort bleibt und sich selbständig macht, das waren aber Ausnahmen. Erstaunlich ist die doch recht große Anzahl von registrierten Dienstboten im Jahr. 1834 waren es 35, 1881 insgesamt 128 Personen.

 

Walter Reichert

11.10.2020